Weitwanderung durch Neuseeland
Te Araroa – 3’000 Kilometer in 117 Tagen
Vom 15. Oktober 2022 bis 8. Februar 2023
Unsere Reise begann am nördlichsten Punkt Neuseelands, dem Cape Reinga. Wir begegneten ungefähr 20 anderen Abenteurern. Unser Ziel war klar: Die Durchquerung Neuseelands auf dem berühmten Te Araroa, einem der längsten Weitwanderwege der Welt.
Nordinsel: Von Sandstränden, Kuhweiden und Strassen
Das erste Highlight unserer Reise liess nicht lange auf sich warten – der 90 Mile Beach, ein 100 Kilometer langer Abschnitt, der uns am Strand des Pazifiks entlangführte.
Wichtig war es generell, stets die Ebbe abzuwarten, um auf dem festen Sand wandern zu können. Bei Flut wird man in den weichen Sand gedrängt, was unnötig Kraft gekostet hätte. Auch die Einmündungen ins Meer waren nur bei Ebbe passierbar.
Nach 25 Tagen erreichten wir Auckland, ein Meilenstein unserer Reise. Die Nordinsel stellte sich als verhältnismässig flach heraus, allerdings mussten wir oft an stark befahrenen Strassen entlanggehen, was gelegentlich etwas gefährlich war. Ein typisches Bild waren die weiten Kuh- und Schafweiden, die wir durchquerten, um von einem Highlight zum nächsten zu gelangen.
Der Timber Trail stellte einen besonderen Abschnitt dar: Hier tauschten wir unsere Trailrunning-Schuhe gegen Mountainbikes und fuhren die 100 Kilometer durch dichten Regenwald. Obwohl uns das Wetter mit Regen begleitete, war es ein Riesenspass und legte unbewusst den Grundstein für ein Bikepacking-Abenteuer, das uns 1.5 Jahre später durch Europa führen sollte.
Die Tararua Ranges verlangten uns einiges ab, aber die Mühen wurden durch eine aussergewöhnliche Landschaft belohnt. Wir hatten das Glück, ein gutes Wetterfenster zu erwischen, denn bei schlechtem Wetter ist dieser Abschnitt nicht zu empfehlen. In den Tararuas waren wir zu zehnt unterwegs, doch die kleinen Hütten boten nur Platz für etwa sechs Personen. Eng zusammengekuschelt verbrachten wir die Nächte, was zu einigen lustigen Momenten führte.
Ein Meilenstein in Wellington und der Start auf der Südinsel
Nach 55 Tagen erreichten wir Wellington und damit das Ende der Nordinsel. Der Rest unserer Trail-Family, mit der wir so viele gemeinsame Momente geteilt hatten, zerstreute sich hier, und wir verabschiedeten uns voneinander. Ab hier geht’s zu Zweit weiter. Die Überfahrt über die Cook Strait nach Picton markierte den Beginn des zweiten Teils unseres Abenteuers: die Südinsel.
Wir starteten auf dem malerischen Queen Charlotte Track, bevor es uns in die beeindruckenden Richmond Ranges zog. Hier wurde es alpiner und anspruchsvoller. Für sechs Tage trugen wir unser Essen mit. An Weihnachten fanden wir uns fast alleine in der Red Hills Hut wieder. Dort genossen wir einen Tag Pause, auch Zero genannt. Ein anderes und doch magisches Weihnachtsfest mitten in der Wildnis.
In St. Arnaud füllten wir unsere Vorräte auf und holten ein im Voraus gesandtes Paket ab, bevor wir für weitere fünf Tage in die Wildnis aufbrachen. Der Blue Lake, mit seinem kristallklaren Wasser, war eine besondere Sehenswürdigkeit – der reinste und klarste See weltweit.
Herausforderungen und atemberaubende Aussichten
Auf der Südinsel wechselte das Terrain häufig. Viele Wege führten durch Flussbetten und waren von steilem, oft unwegsamem Gelände geprägt. Das Grasland bestand oft aus dichtem Tussock und dornigen Stechpflanzen, die das Vorankommen nicht erleichterten. Dennoch war die Einsamkeit und Unberührtheit der Landschaft einfach überwältigend.
Ein Höhepunkt der Reise war der Stag Saddle, der höchste Punkt des Te Araroa, von dem aus sich eine atemberaubende Aussicht bot. Sogar der Mt. Cook war in der Ferne zu sehen. Wir passierten bekannte Orte wie Tekapo, Wanaka und schliesslich Queenstown. In Queenstown trafen wir ein älteres Ehepaar wieder, welches wir zuvor auf dem Trail kennengelernt hatten. Sie luden uns zu sich nach Hause ein, um uns einen Pausentag zu gönnen – ein wunderbares Beispiel für Trail Magic, diese besonderen Momente der Grosszügigkeit und Freundschaft auf langen Wanderungen.
Einen Abstecher wert vom Te Araroa war der Routeburn Track, einer der „Great Walks“ Neuseelands. Anschliessend ging es auf dem Green Stone Track zurück zum Hauptweg des Te Araroa.
Finale Etappe: Von Schlamm und Stränden
Neuseeland ist bekannt für Schlammpassagen. Der Long Wood Forrest forderte uns mit knietiefem Schlamm, durch den wir uns zwei Tage lang kämpfen mussten. Doch auch das war Teil des Abenteuers.
Der Abschluss unserer Reise führte uns zurück zum Meer, bis wir schliesslich in Bluff den Stirling Point erreichten. Der Wind pfiff uns um die Ohren und der Regen peitschte uns ins Gesicht, während die Sonne zwischen den Wolken manchmal hervorblitzte. Genauso wie unsere Reise am 90 Mile Beach begonnen hatte, endete sie: mit Sonne, Regen und einem unbändigen Gefühl der Freiheit.
Fazit:
Die Nordinsel des Te Araroa zeigte uns eindrücklich die Kontraste zwischen wunderschönen Landschaften und den Herausforderungen der Roadwalks sowie der sichtbaren Armut in kleinen Dörfern. Die Highlights waren oft durch lange Strassenetappen verbunden. Die Südinsel hingegen bot Abgeschiedenheit und eine atemberaubende Natur, die uns beeindruckte. Trotz der Unterschiede gehören beide Inseln zum Thru-Hike dazu und machen den Te Araroa zu einem einzigartigen Abenteuer. Ihre Vielfalt und Gegensätze sind es, die diese Weitwanderung so besonders machen.